Konversion Süd-Ost: Wohnungsunternehmen Sahle Wohnen wird Projektentwicklungspartner der Stadt Griesheim
Die Stadt Griesheim hat einen bedeutenden Meilenstein beim Stadtentwicklungsprojekt Konversion Süd-Ost erreicht: Die Stadtverordneten haben sich auf ihrer Versammlung vom 21. Juni einstimmig für einen privatwirtschaftlichen Projektentwicklungspartner entschieden. Das Wohnungsunternehmen Sahle Wohnen aus dem nordrhein-westfälischen Greven wird mit der Stadt eine öffentlich-private Partnerschaft eingehen und, sobald der Bund es verkauft, das ehemalige US-Militär-Areal am August-Euler-Flugfeld gemeinsam mit der Stadt und ihren Bürgern entwickeln. Entscheidungsgrundlage für die Auswahl der Sahle Wohnen war das sogenannte Auswahl-Partner-Konversion-Verfahren, kurz APK-Verfahren.
„Das APK-Verfahren hat es uns ermöglicht, mit der Sahle Wohnen eine geeignete und erfahrene Gesellschaft für die gemeinsame Entwicklung der Konversionsflächen zu finden“, stellt Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl fest. „Uns steht jetzt ein Unternehmen zur Seite, das in vollem Umfang unseren hohen Ansprüchen an das Projekt genügt: Es ist vertraglich gewährleistet, dass wir eine hohe planerische Qualität und deren nachfolgende Umsetzung für dieses neue Quartier bekommen, mit verträglicher Mobilität und effizienter Energienutzung. Die Hälfte des zu schaffenden Wohnraumes soll als bezahlbarer bzw. geförderter Wohnraum errichtet werden. Deshalb kommt es entscheidend auch darauf an, dass unser künftiger Partner als hervorragender Vermieter und Quartiersmanager geschätzt wird und mehr als 20.000 Wohnungen über Jahre und Jahrzehnte vorbildlich in Schuss hält. Ich habe Wert darauf gelegt, dass eine Vielzahl der Stadt wichtige, planerische und städtebauliche Aspekte als zwingende vertragliche Bestimmungen in den Kooperationsvertrag mit Sahle aufgenommen werden, diese sind also keine bloßen Absichtserklärungen. Sahle übernimmt ferner die Finanzierung und die damit verbundenen Risiken. Die Bestandshaltung und das Quartiersmanagement durch die gemeinsame Stadtentwicklungsgesellschaft ist in den kommenden Jahrzehnten festgeschrieben. So gewährleistet die Stadt Griesheim den Mietern und der gesamten Stadtgesellschaft eine hervorragende Vermietungsqualität von gefördertem und bezahlbarem Wohnraum und ein hoch entwickeltes Quartiersmanagement, welches ein angenehmes Miteinander der Bürgerinnen und Bürger des neuen Stadtteils fördert“.
Und weiter: „Diese Qualitäten verbindlich vertraglich festzuschreiben war nur durch den intensiven Wettbewerb unseres Griesheimer APK-Verfahrens und die damit verbundenen umfangreichen Verhandlungen möglich. Betrachtet man das heutige Ergebnis des Verfahrens, so erweist sich meine damalige Entscheidung, es durchzuführen, als notwendig und richtig. Die ursprünglichen Angebote der Bieter zu Beginn des Verfahrens bleiben weit hinter dem späteren guten Ergebnis zurück. Das zeigt eindrucksvoll, wie Wettbewerb und sorgsam vorbereitete intensive Verhandlungen die Verfahrensteilnehmer zu Zugeständnissen bewogen haben, die auf anderem Wege undenkbar gewesen wären“, so Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl.
Das angewandte APK-Verfahren hat im Auftrag der Stadt und im Zusammenwirken mit den städtischen Ämtern Rechtsanwalt Harald Nickel aus Hanau entwickelt. Es unterliegt nicht gesetzlichen Ausschreibungsregelungen und kam erstmals, auch von dem städtischen Berater dort initiiert, ähnlich in Heidelberg erfolgreich zum Tragen. „Angesichts der Ansprüche der Stadtgesellschaft an das Projekt war ein umfangreiches und insbesondere städtebaulich gut vorbereitetes und fachmännisch begleitendes Verfahren erforderlich, um zu einer geeigneten Anzahl hochwertiger und wertbarer Angebote zu gelangen. Mit dem Angebot des künftigen städtischen Partners ist uns das gelungen“, so Harald Nickel, Gesellschafter der Wirtschaftskanzlei Nickel Rechtsanwälte. Die Hanauer Anwälte haben sich auf die umfassende strategische, taktische, rechtliche und steuerrechtliche Beratung von Kommunen in allen Fragen der Immobilien-Projektentwicklung und Modelle öffentlich-privater Wirtschaftspartnerschaften spezialisiert. „Das mit Hilfe der äußerst kooperativen Verwaltung der Stadt spezifisch für Griesheim entwickelte APK-Verfahren als ein Modell zur Begründung und Definition der öffentlich-privaten Kooperation in einer gemeinsamen Stadtentwicklungsgesellschaft bot sich hier in besonderem Maße an“, erläutert Nickel. „Mit seiner Hilfe lässt sich ein Konzept realisieren, nach dem die Stadt Flächen erwirbt, deren Kauf und Entwicklung aber nicht oder nur zu einem geringen Teil finanziert, und es mit einem privatem erfahrenen Partner gestaltet und entwickelt. Dadurch werden wirtschaftliche und operative Risiken der Stadt bei maximaler Einflussmöglichkeit auf ein Minimum reduziert.“ Herzstück des juristisch innovativen Konstrukts ist eine Stadtentwicklungsgesellschaft mit der Stadt und einem privaten Partner als Gesellschafter. In dieser Gesellschaft herrscht in Griesheim künftig Parität bei den Stimmrechten, sowohl in der Gesellschafterversammlung als auch in der Geschäftsführung. „In dieser Gesellschaft fügen sich zwei Dinge harmonisch und sinnvoll zusammen: zum einen die Ansprüche der Stadt, Ziele des Gemeinwohls umsetzen zu wollen, zum anderen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie der Sachverstand des privaten Partners“, so Nickel.
Unterstützung während des Verfahrens bekam die Stadt Griesheim vom Labor für urbane Orte und Prozesse aus Stuttgart, vertreten durch Professor Dipl.-Ing. Stefan Werrer, einem bundesweit renommierten Stadtplaner. „Die finalen Vertragsangebote haben bewiesen, dass es durch das maßgeschneiderte APK-Verfahren zusammen mit engagierten Fachleuten der Verwaltung unter Leitung des Bürgermeisters und mit einer außerordentlich konstruktiven Verhandlungskultur aller Beteiligten gelungen ist, nicht nur die ursprünglichen Ziele der Stadt ohne nennenswerte Kompromisse vertraglich zu sichern, sondern darüber weit hinausgehende Qualitäten für die Quartiersentwicklung zu erarbeiten und verbindlich festzuschreiben“, stellt Werrer fest. „Das letztendlich erfolgreiche und städtebaulich eindeutig beste Angebot der Firma Sahle besticht zudem durch das äußerst glaubhaft formulierte Bekenntnis zur Baukultur und Prozessqualität, das sowohl in den gestalterischen Ambitionen als auch im Willen zum Dialog mit der Bürgerschaft Ausdruck findet. Dieses Bekenntnis ist durch entsprechende qualitätssichernde Maßnahmen abgesichert und daher hervorragend als Basis für eine weitere Entwicklung geeignet.“
Nach Bekanntgabe des Verfahrens zeigten sich 33 Unternehmen – einzelne Gesellschaften ebenso wie Anbietergemeinschaften – an dem Projekt der Stadt Griesheim interessiert, 19 haben sich um die Realisierung beworben. Über das aufwendige Auswahlverfahren hat ein Auswahlgremium, bestehend aus dem APK-Projektteam der Stadtverwaltung unter Leitung von Bürgermeister Krebs-Wetzl, Rechtsanwalt Harald Nickel und Professor Stefan Werrer, vier solvente und besonders geeignete Bewerber nach speziell entwickelten Verfahrensregeln zu Verhandlungen eingeladen, die jeweils deren Angebotsvorstellungen in einem sogenannten „indikativen Angebot“ unverbindlich auf der Grundlage der städtischen Projektbeschreibung als Verhandlungsgrundlage unterbreitet haben. Jeder dieser vier Bewerber hat dann an drei Fachkolloquien teilgenommen. In Vorort-Terminen besichtigte das Auswahlgremium Stadtentwicklungsprojekte der vier Verhandlungsteilnehmer und beurteilte sie nach den Kriterien Städtebau, Nachhaltigkeit, Architektur, Vermietungsqualität und Quartiersmanagement. Im Anschluss unterbreiteten die vier Verhandlungspartner je ein nun verbindliches Angebot. Nach eingehender Prüfung kristallisierte sich die Sahle Wohnen als favorisierter Partner für die Stadt heraus, wie der Magistrat der Stadt, unterstützt durch das APK-Projektteam sowie von Fachleuten der Verwaltung und der externen Berater, wertend feststellte. Der Magistrat schlug das aus seiner Sicht beste Angebot der Stadtverordnetenversammlung vor, die sich dem Votum des Magistrats anschloss. Jetzt geht es darum, mit dem Verkaufsteam der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) unter Berücksichtigung der sozialen Aspekte des Projekts zu für beide Seiten fairen Konditionen zu gelangen. „Dass wir den Erwerb unter Dach und Fach bekommen und dabei gute Gespräche geführt werden, steht für mich außer Frage. Gerade in den letzten Tagen standen mir das Verkaufsteam der BImA und dessen Verkaufsleiter für die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, Claus Niebelschütz, persönlich kollegial und sachkundig zur Seite. Das zeigt, dass man im Rahmen der für die BImA geltenden Regeln das Projekt zu ermöglichen bereit ist“, so Bürgermeister Krebs-Wetzl zu den laufenden Kontakten zur derzeitigen Eigentümerin.
Vor Beginn und parallel zum Verfahren hat die Stadt eine umfangreiche Bürgerbeteiligung organisiert: Neben öffentlichen Versammlungen konnten die Griesheimer Bürgerinnen und Bürger vor allem in verschiedenen Projektwerkstätten ihre Vorstellungen einbringen und so maßgeblich zur Zielformulierung beitragen, wie sie nun ergänzend planerisch umgesetzt werden muss, bevor sich dann die Baukräne im Süden der Stadt für das bedeutendste Bauprojekt der Stadt Griesheim in der jüngeren Geschichte zu drehen beginnen sollen.
Privater Partner tritt in Stadtentwicklungsgesellschaft ein
Nach dem jetzt erfolgten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung wird Sahle Wohnen Gesellschafter der eigens gegründeten Stadtentwicklungsgesellschaft Griesheim, kurz SEGG. Dies erfolgt nach dem angestrebten Kauf von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). „Das transparente APK-Verfahren hat sich als sehr zielführend und effizient erwiesen“, so Geza Krebs-Wetzl. „Ich freue mich sehr, dass wir als städtischer Gesellschafter der SEGG ein Instrument in die Hand bekommen, die Entwicklung und das Management des Quartiers aus einer Hand realisieren zu können, und das im Sinne eines Miteinanders.“
Sahle Wohnen: Enge Verzahnung von Bau- und Wohnungswirtschaft
Das Wohnungsunternehmen Sahle Wohnen ist Teil der gleichnamigen Unternehmensgruppe, die aus der Tradition der Schaffung menschenwürdiger Arbeitnehmerwohnungen eines produzierenden Sahle-Unternehmens, einer Schuhfabrik, hervorgegangen ist. Mit einem Bestand von mehr als 21.000 Wohnungen in über 40 Städten zählt das mittelständische Familienunternehmen heute zu den führenden privaten Wohnraumanbietern in Deutschland. Es kann auf eine mehr als 50-jährige Geschichte zurückblicken. Sahle Wohnen ist im öffentlich geförderten sowie im frei finanzierten Wohnungsbau tätig. Einen regionalen Schwerpunkt bilden Wohnanlagen in Nordrhein-Westfalen, darüber hinaus ist das Unternehmen auch in Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main aktiv und wächst stetig. Neue Bauprojekte im mehrstelligen Wohneinheitenbereich sind in Bonn, Düsseldorf, Hamburg, Köln, Mainz, Mannheim, Münster und Wolfsburg geplant oder befinden sich in der Entstehung. Die Hauptverwaltung des Unternehmens ist seit seiner Gründung in Greven ansässig.
Eine Besonderheit der Unternehmensgruppe Sahle Wohnen ist die enge Verzahnung von Bau- und Wohnungswirtschaft. Alle wesentlichen Einzelleistungen von der Planung der Wohnanlagen und Einfamilienhäuser über deren Bau, Verkauf und Betrieb bis hin zur dauerhaften Vermietung werden von Teilen der Sahle-Gruppe in steter Abstimmung miteinander nach strengen Qualitätsstandards gerade auch für den bezahlbaren Wohnraum erbracht.
„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Sahle und darauf, dass Sahle ebenso wie die Stadt großen Wert auf Bürgerbeteiligung als Grundlage einer den Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger entsprechenden Planung legt, sodass es auch in Zukunft bei einer engen Verzahnung mit der Bürgerschaft verbleibt. Das war mir ein ganz besonderes, persönliches Anliegen während der Vertragsverhandlungen,“ merkte Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl abschließend an.